Delta 30 heißt, mit 30 Prozent Wahrscheinlichkeit geht dein Optionstrade gut. Wirklich? Warum diese Aussage falsch ist, dazu jetzt mehr in diesem Artikel. Hierzu haben wir auch ein Video veröffentlicht, welches Du Dir gerne anschauen kannst.
Die Optionsgriechen – und Delta ist ein Optionsgrieche – sind ein zugegeben sehr komplexes Thema, vor dem gerade viele Einsteiger in den Optionsmarkt erst einmal zurückschrecken. Insofern ist es verständlich, wenn man um eine Kennzahl, wie z.B. das Delta, eine kleine greifbare Geschichte herum baut, die dem angehenden Optionshändler helfen soll, mit diesem Optionsgriechen etwas warm zu werden. Allerdings geht die Vereinfachung beim Delta leider etwas zu weit und deswegen herrscht eben die irrige Annahme, daß das Delta aussage, welche Gewinnchance der Trade habe. Warum das nicht so ist, das schauen wir uns jetzt einmal an.
Zunächst einmal handelt es sich beim Delta um eine Optionskennzahl die nach einem griechischen Buchstaben benannt ist (deshalb auch die Bezeichnung “Griechen”), und die hat einen ganz einfachen mathematischen Hintergrund. Das Delta im Optionshandel sagt nämlich aus, wie sich der Wert einer Option ändert im Verhältnis zur Wertveränderung des Basiswertes. Um das etwas verständlicher zu machen gehen wir direkt in ein Beispiel. Wir haben zum Beispiel einen Call der bei einem Delta von 0,30 gehandelt wurde. Der Strike bei dem dieser Call gehandelt wird hat einen Deltawert von 30 und das besagt ganz einfach: Steigt der Basiswert um einen Dollar, dann gewinnt der Call auch um 30 Cent.
Werfen wir dazu einen Blick in eine Optionskette. Dargestellt ist hier die Seite der Puts eines Basiswertes, hier zu sehen der Strike von 150 Dollar. Der Put bei diesem Strike weist ein Delta von 0,13 auf und nach der korrekten Aussage des Deltas bedeutet dies, daß dieser Put (der hier für 0,84$ gehandelt wird) sich in seinem preis um 13 Cent ändert, wenn sich der Basiswert um einen Dollar bewegt. Das Delta das Puts ist negativ, folglich gewinnt dieser Put um 13 Cent an Wert, wenn der Basiswert um einen Dollar sinkt. Sollte der Basiswert um einen Dollar steigen, dann wird sich der Wert dieses Puts von 84 Cent um 13 Cent verringern auf 71 Cent. Das ist die einzig mathematisch korrekte Aussage des Deltas.
Zusätzlich eingeblendet seht Ihr die probability out of the money und die probability of touching – das sind die Wahrscheinlichkeiten, daß der jeweilige Strike zum Laufzeitende aus dem Geld liegen wird bzw. während der Laufzeit zumindest einmal berührt wird. Wenn wir uns jetzt den gleichen Strike noch einmal betrachten und die angebliche Regel heranziehen, daß dieses Delta von 13 eine 13 prozentige Wahrscheinlichkeit aussage, dann hieße das umgekehrt gerechnet, mit 87% Erfolgschance könnten wir diesen Put schreiben und es würde nichts passieren. Zu sehen ist aber, die echte Wahrscheinlichkeit liegt bei 85,32% und die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Strike innerhalb der Laufzeit zumindest berührt wird, die liegt sogar bei fast 30%. Jetzt könnte man zurecht sagen, die Schätzung von 87% liege ja wohl recht nah an den 85,3% – korrekt, die Anwendung als grobe Faustregel soll hier auch gar nicht kritisiert werden. Daß es im Einzelfall noch erheblich größere Abweichungen geben kann, das schauen wir uns bei dem gleichen Basiswert jetzt in einer anderen Laufzeit an.
Hier sind schon deutliche eklatantere Unterschiede zu sehen. Der Strike bei einem Delta von 50 – das ja angeblich besagt, zu 50/50 liege der Strike bei Laufzeitende im oder aus dem Geld – beträgt die echte Wahrscheinlichkeit nur rund 43%. Der Strike bei Delta 71 besagt nach der Faustregel, zu rund 30% lande dieser Strike am Laufzeitende aus dem Geld, in Wirklichkeit beträgt die Wahrscheinlichkeit aber nur rund 23%. Weiter oben, bei einem Strike mit Delta 10, beträgt die Gewinnwahrscheinlichkeit für Stillhalter eben nicht 90%, sondern nur rund 85%. Die Abweichungen können also zum Teil bedeutend sein.
Die jeweilige Wahrscheinlichkeit zu beurteilen anhand des Deltas – ob dieser Strike noch berührt wird oder nicht und ob dieser Strike am Ende der Laufzeit im Geld oder aus dem Geld landet – ist also als grobe Faustregel zwar möglich, im Einzelfall muß dies aber definitiv überprüft werden. Gegen Faustregeln ist also nichts einzuwenden, grundsätzlich wichtig bleibt trotzdem, die korrekten und exakten Grundlagen zu kennen, denn sonst wird man schnell auf die falsche Fährte geführt. Das ist ein Punkt, auf den wir bei den Börsenstrategen immer sehr stark achten, auf die Aufdeckung von Mythen im Optionshandel, die leider weit verbreitet sind.